Laudes
Meret Roth Sopran
Johann Sonnleitner Viertelton-Orgel

 

Heiner Ruland (*1934)
Das Hohenfrieder Orgelheft (1985)
Sieben kleine Übe-und Spielstücke zu den Wochentagen für die Viertelton-Orgel

Johann Sonnleitner (*1941)
Psalm 121: Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen (2009)
für hohe Singstimme und Viertelton-Orgel

 

Im Rahmen der Laudes wird die von Peter Kraul 2008 gebaute Viertelton-Orgel mit Musik in erweiterter Tonalität vorgestellt. Der Orgelbauer aus Herdwangen-Schönach hat sich seit langem schon auf speziell gestimmte Orgeln spezialisiert. Sie ist konzipiert als «Manualwerk» mit Teilung in Bass- und Diskantwerk. Der Spieltisch ist zwischen der Werken. Das Manual reicht von FF bis f3 – mit geteilten Schleifen bei f/fis. Das erweiterte Tonsystem reicht von a bis c3.

Die Disposition:
Manual: Prinzipal 8’, Salizional 8’, Gedackt 8’, Samthorn 8’, Rohrflöte 4’, Oktave 4’, Quinte 2 2/3, Oktavin 2’, Larigot 1 1/3, Mixtur
Pedal: Subbass 16’, Oktavbass 8’, Choralbass 4’ (Transmissionen aus Gedackt, Prinzipal, Oktave und Oktavin)
Koppel: Man.8’/Ped., Man.16’/Ped., eine mechanische Setzerkombination, Winddruckregulierung.

Die Christengemeinschaft wirkt seit ihrer Gründung 1922 für eine Erneuerung des christlichen Lebens. Im Zusammenhang mit dem erneuerten Kultus pflegt sie vielfältige künstlerische Aufgabenfelder, z.B. Architektur, Plastik, Malerei und Musik. In einigen ihrer Kirchen (Zürich, Basel, Bern, Hamburg-Blankenese) stehen neu entwickelte Orgeln mit 24 Tönen pro Oktave für die neue Musik in erweiterter Tonalität.

Mit erweiterter Tonalität ist die Einbeziehung von Intervallen aus der Naturtonreihe (Obertonreihe) und ihrer Spiegelform («Untertonreihe») gemeint. Es handelt sich um die Naturseptime 4/7, die Naturquart (Alphorn-Fa) 8/11 und der Natursext 8/13, wie sie in der «Alphornskala» vorkommen und um deren gespiegelte Formen, die aus der Volksmusik Südosteuropas bekannt sind. Diese Intervalle erklingen allerdings nicht in mathematisch exakter Naturreinheit, sondern in einer sanft temperierten Intonation. Analog zum üblichen temperierten Quintenzirkel wird ein Zirkel aus minimal temperierten 24 Naturquarten 8/11 gestimmt, der das Spiel der Naturtonskalen in allen Tonarten sowie die enharmonische Umwandlung aller Töne erlaubt. Die Zwischentasten für das erweiterte Tonsystem sind über einen Fusstritt einschaltbar.
Bei «erweiterter Tonalität» handelt es sich, wie ihre Vertreter betonen, nicht um eine «Vierteltonmusik». (vgl. http://www.erweiterte-tonalitaet.ch) Bei mikrotonalen Bestrebungen, bei denen der Halbton in Viertel-, Fünftel-, Sechstel-oder Zwölfteltöne aufgesplittert wird, wird die Erweiterung des Tonsystems als gesteigerte Expressivität verstanden, bei der Musik in erweiterter Tonalität geht es um das objektive Erlauschen von Urintervallen, die einerseits in der Gesetzmässigkeit der physikalischen Naturtonreihe veranlagt sind, andererseits das Geheimnis der seelisch-geistigen Entwicklung des Menschen in sich bergen. Dazu scheint es ein Widerspruch zu sein, die Klaviatur auf einer Viertelton-Orgel in 24 Vierteltontasten pro Oktave zu unterteilen. In der Praxis jedoch hat sich diese Aufteilung bewährt: als ein «Raster», der fein genug ist, einerseits die Intervallqualitäten (Naturquart, -sext und -septim) auch in sanft temperierter Form zu erkennen und andererseits auch enharmonisch verwandelbar zu machen. Im Rahmen der Laudes erklingt «Das Hohenfrieder Orgelheft», eine 1985 für die Viertelton-Orgel komponierte Sammlung von sieben kleinen Übe-und Spielstücken zu den Wochentagen. Der deutsche Komponist, Musikpädagoge und Musiktherapeut Heiner Ruland, einer der Protagonisten der erweiterten Tonalität, hat ausgehend von den Forschungen Kathleen Schlesingers und den Anregungen Rudolf Steiners eine intensive musikalisch-anthroposophische Forschungsarbeit entfaltet. In seinem Hauptwerk «Ein Weg zur Erweiterung des Tonerlebens. Musikalische Tonkunde am Monochord» (1981) strebte er an, einen Leitfaden durch den Wirrwarr des tonsystemlichen Chaos zu geben.
Die sieben Stücke sind den sieben alten astrologischen Planeten zugeordnet und vom Charakter her klar umrissen:

Sonntag           Sonne       strahlend, froh
Montag            Mond        träumend, raunend
Dienstag          Mars          zupackend, eigenwillig
Mittwoch         Merkur     beflügelt, leuchtend
Donnerstag     Jupiter     gemessen, schreitend
Freitag              Venus       wiegend, singend
Samstag           Saturn      lastend, zögernd

Johann Sonnleitner, der sich ebenfalls intensiv mit erweiterter Tonalität beschäftigt, komponierte seine Psalmvertonung «Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen» 2009 für hohe Singstimme und Viertelton-Orgel. (Vgl. auch den Text zu den Laudes an St. Peter und Paul am Samstag, 24. Oktober, 8 Uhr) Link.


Eintritt frei

Christengemeinschaft | |  
Donnerstag, 22. Oktober 2015 | 08.00 Uhr


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