Laudes
Jeremias Gotthelf und die Musik zu seiner Zeit

 

Magdalena Oliferko Orgel
Monika Urbaniak Violine
Pfrn. Mirjam Wey Liturgie

 

Henryk Wieniawski (1835-1880)
Legende op. 17

Josef Gabriel Rheinberger (1839-1901)
Sechs Stücke für Violine und Orgel op. 150
Thema mit Veränderungen (Nr.1)
Elegie (Nr.5)

Lesungen aus den Schriften von Jeremias Gotthelf


Jeremias Gotthelf war wohl, so ist vordergründig anzunehmen, vor allem ein Mann des Worts, und die Vorstellung kommt einem etwas seltsam vor, dass er sich am Abend noch in einen Salon begeben haben könnte, um dort die neusten Klavierstücke von Chopin, Schumann und Liszt oder die Lieder Schuberts anzuhören. Aber vielleicht tun wir ihm damit Unrecht. Das Klavier taucht in seinen Texten auch kaum auf, die Orgel schon eher. Wenn die Orgel in der Kirche rauscht, die Gemeinde singt, der Pfarrer betet und predigt und die Gemeinde zum heiligen Tische wallt, dann vergehen dem jungen Pächter Uli die bittern Gefühle und er fühlt nur noch die Wonne, der Gemeinde Christi anzugehören.
Die Musik hat also heilsame Kräfte: «Wenn man da so sitzt im stillen weiten Raume, vielleicht ein schönes Lied von der Orgel tönt, oder ein schönes Wort aus der Bibel kömmt, und die Glocken rufen die draussen herein, da, wie die Augen im Dunkel des Kellers allmählig aufgehen und zu schauen vermögen, so geht es unserer Seel, sie öffnet sich Eindrücken, für welche sie sonst verschlossen war, und wenn der Prediger kommt und als geistiger Säemann frommen Samen streut, so fällt dieser Same in offene Seelen, wo er sonst nur Ohren gefunden hätte, und Ohren, die nicht hörten.» Sehr fein skizziert Gotthelf hier auch die Wirkung des Orgelspiels in der Kirche.
Ob er wohl Johann Jakob Mendel kannte, der seit 1830 am Berner Münster wirkte und viel für das Musikleben der Stadt tat (vgl. Mittagsandacht vom Freitag)? Wie Gotthelf wohl dessen Gewitterszene in Klage und Trost gefallen hätte, ihm, dem Autor der naturalistischen Wassernoth im Emmenthal von 1837? Solche musikalischen Katastrophenschilderungen haben ja angesichts der Realität immer etwas Puppenstubenhaftes. Aber vielleicht hätte es ihm doch Eindruck gemacht, was da von der Orgel herabklingt: Etwas Gewaltiges, das aber am Ende doch Trost spendet, wie es der Pfarrer auf der Kanzel ja gelegentlich auch tut. So liesse sich also weidlich spekulieren, über die Musikalität des grossen Schriftstellers…
Das Programm «Jeremias Gotthelf und Violinmusik des 19. Jahrhunderts» verbindet Texte Gotthelfs (1797–1854) mit musikalischen Werken von Komponisten, die in seinem Jahrhundert lebten. Die «Legende op. 17» (um 1860) des polnischen Geigenvirtuosen Henryk Wieniawski (1835–1880) ist ein romantisches Werk per se, durchdrungen von Melancholie, Sehnsucht, Schmerz und lyrischer Liebe. Der etwas später entstandene Zyklus op. 150 von Josef Gabriel Rheinberger (1839–1901) schaut, so schreibt Magdalena Oliferko, «epigenetisch auf die Ästhetik der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück und schliesst in diesem Sinn den Kreis der Gotthelf-Epoche.»


Eintritt frei

Johanneskirche | |  
Samstag, 24. Oktober 2015 | 08.00 Uhr


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