Eröffnungsfeier
Eröffnungsprogramm

Daniel Glaus Orgel
Improvisationen auf der winddynamischen Orgel
Dem Wind ausgesetzt

Grussworte
Thomas Gartmann, Präsident Trägerverein
Bernhard Pulver, Regierungsrat, Erziehungsdirektor Kanton Bern
Gottfried W. Locher, Präsident des Rates des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes
Markus Büchel, Bischof von St. Gallen, Präsident der Schweizer Bischofskonferenz

Daniel Glaus Orgel
Xavier Dayer (*1972)
Cantus III pour orgue (2015)
Uraufführung

Festrede
Thomas Hürlimann «Zwischentöne»

Preisträgerrezital des Internationalen Orgelwettbewerbs Bern 2015
Maximilian Schnaus Orgel

Winddynamische Orgel:
Giacinto Scelsi (1905–1988)
In nomine lucis (1970)

Grosse Orgel:
Maximilian Schnaus (*1986)
Come sweetest death (2013)
I Drück mir die Augen zu / Komm, selge Ruh!
II Im Himmel ist es besser / da alle Lust viel grösser
III O Welt, du Marterkammer
IV Aus dieser schwarzen Welt / ins blaue Sternenzelt
V Ich will nun Jesum sehen / und bei den Engeln stehen

Brian Ferneyhough (*1943)
Sieben Sterne 1974
Refrain Ia
Refrain Ib
Verse-Capriccio I
Tract I
Refrain IIa
Refrain IIb
Tract II
Verse-Capriccio II
Refrain IIIa
Refrain IIIb

 

Xavier Dayer schreibt zu seinem Daniel Glaus gewidmeten neuen Orgelstück Cantus III, das er im Auftrag des 5. Internationalen Kongresses für Kirchenmusik Bern 2015 und mit finanzieller Unterstützung der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia komponierte:
«Cette œuvre pour orgue solo a été guidée par l’idée d’une trame harmonique noyée. Ainsi cette musique déconstruit un fragment des ‹Sept dernières paroles du Christ en croix› de Haydn. Il s’agit du ‹Pater dimitte illis, non enim sciunt, quid faciunt› (Hob. III: 50–56, Sonata I: Largo, mesures 82 à 87; version quatuor à cordes).
Concernant les registrations cette pièce contient quatre couleurs qui doivent être très distinctes:
1 lontano = son très doux qui se ‹noie› dans les résonnances de l'église;
2 espressivo = son mélodique ‹en dehors›, dans l'esprit d'un solo à l'orchestre;
3 heurté = son cristallin et percussif;
4 sonore = son riche et plein, dans l'esprit d'un tutti d'orchestre à l'unisson.
Le résultat sonore est aux antipodes de Haydn pour autant que cela soit possible.»

Am 20. März 2015 wurde im Rahmen der Berner Museumsnacht das Finale des Internationalen Berner Orgelwettbewerbs durchgeführt, eine Gemeinschaftsproduktion des 5. Internationalen Kongresses für Kirchenmusik, des Kirchenklangfests cantars 2015, des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds und der Kirchgemeinde Münster Bern. Vier Finalisten waren dabei zu hören: Samuel Cosandey aus der Schweiz, Kensuke Ohira aus Japan, Maximilian Schnaus aus Deutschland und Simone Vebber aus Italien.
«Alle Präsentationen standen auf höchstem Niveau. Die Jury zeigte sich erfreut über die Darbietungen», wie die Jury in ihrem Schlussbericht erwähnte. Dieser internationalen Jury gehörten an: Präsident Laurent Mettraux (Vizepräsident des Schweizerischen Tonkünstlervereins), Elisabeth Zawadke (Musikhochschule Luzern), Bernhard Haas (Musikhochschule München), Dominik Susteck (Kunststation St. Peter Köln) und Daniel Glaus von der HKB. Die Jury empfahl der Programmkommission des 5. Internationalen Kirchenmusikkongresses, Maximilian Schnaus für das Eröffnungskonzert am 21. Oktober in Bern einzuladen. Samuel Cosandey aus Bex, dessen Spiel und visionäre Programmation lobende Anerkennung fanden, wird unter anderem im Rahmen des Orgelspaziergangs am Mittwochnachmittag das Werk Coïncidences von Antoine Fachard aufführen. (Link zum Orgelspaziergang)

Der Preisträger Maximilian Schnaus aus Berlin spielt drei gewichtige zeitgenössische Werke. Er schreibt zu seiner Programmauswahl:
«Giacinto Scelsi ist eine rätselhafte Figur der Neuen Musik, dessen eigenwilliges Werk nur schwer in die verschiedenen Strömungen der Moderne eingeordnet werden kann. ‹In nomine lucis› entstand als intuitive Improvisation, von Scelsi auf einer Ondiola improvisiert und von einem anderen Komponisten in Notenschrift für Orgel übertragen. Das Resultat dieser Arbeitsweise, eine sphärische Apparition über dem Ton Cis, ist frappant, trotz der durch Scelsis Abneigung gegenüber traditioneller Handwerklichkeit selbstauferlegten Beschränkung des Vokabulars.
Die zeitlupenhafte Langsamkeit der Bach-Transkription ‹Come sweetest death› von Virgil Fox (1912–1980), die den Zuhörer ins Innere der Harmonien eintauchen zu lassen scheint, ist ästhetischer Ausgangspunkt meiner eigenen Komposition. Als Symbol dafür, dass auch hier der Weg nach Innen führt, wird am Anfang ein von Fox zitierter, gebrochener Dreiklang von einem katatonischen Rauschen überlagert und verdeckt. Die Musik beschreibt einen unterschiedliche Bedeutungsebenen in sich vereinenden Bewusstseinsstrom. Innen und Aussen sind darin nicht klar zu unterscheiden, und entsprechend vielfältig kann jenes Rauschen verortet werden: Es kann physikalisch sein, kosmisch oder terrestrisch, urbanes Hintergrundgeräusch, aber auch intrauterines Rauschen als Hinweis auf eine embryonale Position der Wahrnehmung, eine Melange aus dem Rauschen der mütterlichen Aorta, des Herzschlags, Geräuschen des eigenen Körpers und äusseren Geräuschen, durch Fruchtwasser verzerrt und gefiltert. Die ‹Position› des Musikrezipienten bildet dazu eine Analogie: Musik klingt in einem bestimmten Raum (der für eine Orgel wichtiger zu sein scheint als für fast jedes andere Musikinstrument). Jeder Einzelne hört also das Instrument, und «hört» in der Art, wie der Raum den Klang beeinflusst auch den Raum selbst; jeder Einzelne hört dies alles aber, gefiltert durch mehr oder weniger zuverlässige Sinnesorgane, ausschliesslich aus dem Inneren seiner Schädelhöhle.

Der Titel von Brian Ferneyhoughs Komposition Sieben Sterne bezieht sich auf Albrecht Dürers apokalyptischen Holzschnitt ‹Gott Vater›, aus dessen bildlicher Symbolik die strukturelle Anlage direkt entfaltet werden kann: Die sieben Sterne entsprechen den sieben Abschnitten, symmetrisch um ein Zentrum gruppiert, das zweischneidige Schwert wiederum steht für das doppelgesichtige Wesen fester und freier Notationsformen. Ferneyhoughs Musik verbirgt unter der schimmernden Oberfläche Tiefendimensionen, die sich dem Zuhörer erst nach und nach erschliessen. Seine pathologische Komplexität ist dabei kein Selbstzweck: Durch die serielle Schule gegangen, erkennt Ferneyhough die Notwendigkeit an, das musikalische Material mit neuer emotionaler Intensität zu belehnen. Die Vorstellung von direkter Expressivität wird dabei durch die enorme Ereignisdichte ersetzt und hintertrieben.»
Maximilian Schnaus


Eintritt frei

Berner Münster | |  
Mittwoch, 21. Oktober 2015 | 19.00 Uhr


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